Auf ungewohntem Untergrund Gas geben
*** Bericht des Willisauer Boten, Ausgabe vom 27.06.2023, Autor: Patrik Birrer ***
Übermorgen Donnerstag beginnt in Izmir an der türkischen Ägäisküste die U17-EM der Beachhandballerinnen. Den Sprung ins Aufgebot der Schweizer Nachwuchs-Nationalmannschaft hat auch die Willisauerin Anja Schwer geschafft.
von Patrik Birrer
Sie ist noch nicht ganz 16-jährig und hat als Handballerin doch schon einiges erreicht: Im Februar dieses Jahres debütiert Anja Schwer in der 1. Frauenmannschaft des STV Willisau und reiht sich gleich unter die Torschützinnen. Bis zum Saisonende kommen drei weitere Einsätze in der 1.-Liga-Finalrunde und fünf Tore (allesamt im letzten Spiel gegen Herzogenbuchsee II) dazu.
Begonnen hat die Schülerin der Kantonsschule Willisau die Saison bei den U16-Juniorinnen des STV Willisau. Für dieses Team erzielt sie in 19 Partien 171 Tore. Zehnmal kommt sie auch in der nächsthöheren Altersklasse, bei den U18-Juniorinnen, zum Einsatz. Dabei gelingen ihr 78 Tore. Keine Frage: Anja Schwer ist eine der grössten Nachwuchshoffnungen in der Handballabteilung der Frauen beim STV Willisau.
In einem Meisterschaftsspiel aufgefallen
Und Anja Schwer macht nicht nur in der Halle handballerisch auf sich aufmerksam. Morgen Mittwoch reist sie mit ihren Kolleginnen der U17-Beachhandball-Nationalmannschaft nach Izmir. In der Türkei findet von übermorgen Donnerstag bis am Sonntag die U17-EM im Beachhandball statt. Beachhandball? Die noch recht junge Sportart ist zumindest in der Schweiz in der breiten Öffentlichkeit noch eher wenig bekannt. Wie also ist Anja Schwer darauf gekommen? Entscheidend ist ein Spiel mit den Willisauer U18-Juniorinnen im vergangenen Herbst gegen die Altersgenossinnen der HSG Juniorinnen Nordwest. Der dortige Trainer ist Daniel Schettler. Er ist Ausbildungsverantwortlicher im Beachhandball beim Schweizerischen Handballverband und Trainer der U17-Juniorinnen-Nationalmannschaft. Ihm fallen die Agilität und Schnelligkeit sowie die guten und kompromisslosen Laufwege von Anja Schwer sofort auf. Via den STV Willisau tritt Schettler mit ihr in Kontakt und fragt an, ob sie Lust hätte, einmal bei einem Zusammenzug der U17-Beachhandball-Nationalmannschaft dabei zu sein. Die Willisauerin muss nicht lange überlegen. «Völlig unbekannt war mir Beachhandball zuvor nicht. Aber wirklich viel wusste ich nicht darüber. Nach der Anfrage war für mich deshalb klar: Diese Gelegenheit will ich wahrnehmen und die Sportart unbedingt kennenlernen und ausprobieren.»
Regelmässige Trainings in Basel
Für ihr allererstes Beachhandball-Training reist Anja Schwer Ende April zusammen mit Spielerinnen der Spono Eagles Nottwil nach Basel. Weil die Witterungsbedingungen eher garstig sind, findet dieses in der Halle statt. In einer Halle gefüllt mit Sand natürlich. So bald es wärmer und das Wetter besser wird, finden die Trainings der U17-Juniorinnen-Nationalmannschaft auf dem Beachfeld der Sportanlagen St. Jakob in Basel statt. Anja Schwer ist fasziniert von der für sie noch immer neuen Sportart. «Es ist ein ganz anderes Spiel als in der Halle. Alles geht noch einmal schneller», sagt sie. Eingesetzt wird sie vorwiegend in der Verteidigung. Dort ist es ihr Ziel, die gegnerischen Abschlüsse zu blocken.
Anja Schwer macht ihre Sache ganz offensichtlich gut. So gut, dass sie es kürzlich ins 12-köpfige Aufgebot der Schweizer Juniorinnen-Nationalmannschaft für die U17-EM schafft. «Für mich war es schwierig, einzuschätzen, ob es reicht. Umso mehr habe ich mich gefreut, als ich vom Aufgebot erfahren habe.» Dass sie wegen der EM-Teilnahme drei Tage in der Schule fehlt, sei überhaupt kein Problem gewesen. «Der Verband hat ein Dispenzschreiben verfasst und die Absenz wurde ohne Beanstandung bewilligt.»
Mit zwei Topteams in der Gruppe
An der übermorgen Donnerstag beginnenden U17-EM treffen die jungen Schweizerinnen in ihrer Fünfergruppe auf die Gastgeberinnen aus der Türkei, auf Spanien, Portugal und die Ukraine. Gemäss Nationaltrainer Daniel Schettler sind die beiden Teams von der iberischen Halbinsel klar in der Favoritenrolle. «Das sind klassische Beachhandball-Nationen, in denen die Sportart einen ganz anderen Stellenwert hat als in der Schweiz.» Gegen die beiden anderen Teams könnte aber durchaus etwas drinliegen. Die beiden Erstplatzierten, sowie die zwei besten Gruppendritten ziehen in den Viertelfinal ein. «Im Beachhandball spielen die Erfahrung respektive eingespielte Abläufe eine wichtige Rolle. Diesbezüglich haben wir in den vergangenen Wochen Fortschritte gemacht. Wo wir im Vergleich mit den anderen Nationen stehen, ist dennoch schwierig einzuschätzen», so Schettler. Testländerspiele im Vorfeld der EM haben die jungen Schweizerinnen keine absolviert. Stattdessen haben sie ausser Konkurrenz an der regulären Beachhandball-Serie und zuletzt am Wochenende an der SM in Aarau teilgenommen. «Wir sind dort gegen Erwachsene angetreten», erklärt Daniel Schettler. «Das war für die jungen Frauen herausfordernd, aber auch sehr lehrreich.»
Das Beste geben und geniessen
Anja Schwer formuliert ihre Zielsetzungen für die U17-EM folgendermassen: «Ich will mein Bestes geben, dem Team so gut wie möglich helfen und die besondere Stimmung an der EM geniessen.» Sie könne sich gut vorstellen, auch künftig im Sand ihrer grossen Leidenschaft nachzugehen. Nur noch auf Beachhandball zu setzen, ist für Anja Schwer aktuell kein Thema. Dafür betreibt sie den Handball in der Halle zu gern und dafür sind ihre Perspektiven auch in der klassischen Variante dieser Sportart zu verlockend.
*** Bericht des Willisauer Boten, Ausgabe vom 27.06.2023, Autor: Patrik Birrer ***
*** Quelle Fotos (unten): Roland Peter/Schweizerischer Handballverband ***